COVID-19-Pandemie
8. Mai 2023
Die Effekte der SARS-CoV-2 Pandemie auf die stationäre Versorgung wurden in mehreren Analysen der §21 Routinedaten von Krankenhäusern der Initiative Qualitätsmedizin (IQM) aufgearbeitet. Die Ergebnisse der Analysen wurden veröffentlicht.
Das Netzwerk aller IQM Mitgliedskrankenhäuser hätte in der Vergangenheit als hervorragende nationale Datenquelle dienen können, um die COVID-19- und SARI-Überwachung der laufenden Pandemie zu gewährleisten. Lesen Sie selbst:
Effekte der SARS-CoV-2 Pandemie auf die stationäre Versorgung. Eine Analyse der §21 Routinedaten von 427 Krankenhäusern der Initiative Qualitätsmedizin (IQM) – Datenstand Juni 2021
23. August 2021
Hintergrund
Kurz nach den ersten Lockdown-Maßnahmen zu Beginn der Corona-Pandemie in Deutschland berichtete die Initiative Qualitätsmedizin (IQM) mit einer Analyse der §21 Routinedaten von damals 310 IQM Krankenhäusern eindrücklich, welchen Einfluss die Pandemie auf das stationäre Leistungsgeschehen hatte. Nachdem wir die Halbjahresauswertung von 421 IQM Kliniken sowie die Gesamtjahresdaten des Jahres 2020 von 431 Krankenhäusern auf der IQM Website publiziert haben, trafen viele IQM Kliniken die Entscheidung, ihre §21 Daten monatlich zur Verfügung zu stellen, um so den Verlauf der COVID-19-Situation in den Krankenhäusern ebenso transparent darzustellen, wie die Effekte auf andere Leistungsbereiche. Auch diese Daten wurden auf der IQM Website monatlich publiziert.
Die aktuelle Publikation umfasst die Daten von 427 IQM Mitgliedskrankenhäusern, die ihre Daten bis Ende Juni 2021 zur Verfügung gestellt haben.
Methode
Es wurden die Abrechnungsdaten von 427 IQM Krankenhäusern aus Deutschland analysiert, die für diese Studie freiwillig ihre Daten im Rahmen der IQM Methodik zur Verfügung stellten. Die Daten wurden entsprechend der bei IQM bestehenden Routine durch 3M HIS nach den Definitionen der „German Inpatient Quality Indicators“ (G-IQI) in der aktuellen Version 5.3aus dem Abrechnungsdatensatz der Krankenhäuser nach §21 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) aufgearbeitet. Der sog. §21er-Datensatz beinhaltet strukturierte Angaben zu ICD, OPS, Alter, Geschlecht, Aufnahme- und Entlassungsgrund.
Zusätzlich wurden die Kodes U07.1 für COVID-19 mit Nachweis des SARS-CoV-2 als auch U07.2 für den klinischen COVID-19-Verdacht ohne Virusnachweis ausgewertet.
Zur Analyse der schweren Atemwegsinfektionen (Severe Acute Respiratory Infections, SARI) nutzten wir die Fälle, in denen die ICD Kodes J9 - J22 (ICD 10 GM) für die Haupt- oder Nebendiagnose verwendet wurden.
Zur Analyse der Intensivaufenthalte wurden die Kodes der intensivmedizinischen Komplexbehandlungen (OPS 8.980/d/f) oder aber typischer intensivmedizinischer Prozeduren (OPS 8-701/4/6; 8-711/2/3/4/8; 8-721.1/2/3; OPS8-97a/b) ausgewertet. Ebenso wurden alle Fälle mit einer Beatmungsdauer > 0 h gewertet. Jeder Fall, der entweder mit einer intensivmedizinischen OPS kodiert oder beatmet war, wurde als Intensivfall gezählt. Diese Definition repräsentiert nicht alle auf der Intensivstation liegenden Patienten, weil dort auch Patienten liegen, die weder beatmet noch in einer intensivmedizinischen Komplexbehandlung therapiert werden. Die gewählte Definition liefert aber eine vergleichbare Zählung der Intensivbehandlungen. Die Kodierung der Dauer eines Intensivaufenthalts im §21 Datensatz ist bereits seit 2019 vorgesehen, wird derzeit jedoch noch nicht durchgehend in allen Krankhäusern verlässlich kodiert, wie dies auch bei anderen neu eingeführten Kodes zu beobachten ist. Im Lauf der Pandemie wurden darüber hinaus Intensivbehandlungsmöglichkeiten über Krankenhausbetten geschaffen, die normalerweise nicht als Intensivbetten ausgewiesen sind. Hierdurch werden Vergleichsanalysen mit dem letzten Jahr anhand der kodierten Aufenthalte in ausgewiesenen Intensivbetten zwangsläufig erschwert.
Fälle, in denen eine Beatmungsdauer von > 0 h im Datensatz kodiert sind, wurden als Beatmungsfall unabhängig vom gewählten Beatmungsverfahren gewertet.
Statistische Vergleiche zur Sterblichkeit wurden mittels Chi Quadrat Test für die Anzahl der jeweils Verstorbenen und Überlebenden einer Gruppe durchgeführt, wobei ein p < 0,05 als signifikant bewertet wurde.
In Deutschland galten in der Zeit vom 01.01.2020 - 12.03.2020 (KW 01-11) keine Einschränkungen des öffentlichen Lebens, während vom 13.03.2020 - 19.4.2020 (KW 12-16) durch vielfältige Regulationen das öffentliche Leben und der Routinebetrieb des Gesundheitswesens zum Zweck der Pandemieeindämmung eingeschränkt waren. Ab dem 19.04.2020 (KW 17) kehrten auch die Krankenhäuser langsam wieder zu einem normalen Betrieb zurück. Wie in allen anderen öffentlichen Bereichen galten jedoch mannigfaltige Einschränkungen des direkten Kontaktes durch Abstandsregeln, Begrenzung von Besucherzahlen, definierte Wegeführung und viele weitere Vorsichtsmaßnahmen.
Seit Anfang Oktober 2020 stiegen die Neuinfektionen in Deutschland wieder merklich an, sodass Anfang November (KW 45) ein Teil-Lockdown für Deutschland in Kraft trat. Bei dennoch weiter steigenden Zahlen wurden am 16.12.2020 (KW 51) die Lockdown-Maßnahmen weiter verschärft.
3M HIS agiert bei der standardmäßigen Auswertung der IQM Krankenhäuser als Datentreuhänder und Auswertungsstelle, sodass alle Datenschutzaspekte auch für die vorliegende Analyse durch 3M HIS gewährleistet waren und sind. Alle teilnehmenden IQM Krankenhäuser erhielten die sie betreffenden Ergebnisse zurück und haben der Analyse der aggregierten Daten zugestimmt.
Ergebnisse
Die Analyse ist trägerübergreifend und umfasst die unterschiedlichen Versorgungsstufen der Krankenhäuser. Die Verteilung, Charakteristika und Patientenzahlen der teilnehmenden Krankenhäuser ergeben sich aus der Tab. 1.
Im gesamten Jahr 2020 wurden 5.699.354 Fälle in den teilnehmenden Kliniken stationär behandelt, was über das gesamte Jahr 13,8% weniger als im letzten pandemiefreien Jahr 2019 war (6.612.709). Hiermit umfasst die Analyse 34% der im Jahr 2020 behandelten 16.776.845 DRG Krankenhausfälle in ganz Deutschland (https://datenbrowser.inek.org/).
COVID-19 und SARI
In der Studienperiode wurden 160.405 Fälle mit einer nachgewiesenen Corona-Infektion stationär behandelt. Der wöchentliche Verlauf der COVID-19-Krankenhausfälle ist gemeinsam mit dem Verlauf der Neuinfektionen für ganz Deutschland Abb. 1 zu entnehmen (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Daten/Fallzahlen_Kum_Tab.html).
Im Jahr 2020 wurden in gesamt Deutschland 173.254 DRG Fälle mit der Diagnose U07.1 behandelt (https://datenbrowser.inek.org/), von denen 37% (63.535) in den teilnehmenden IQM Krankenhäusern behandelt wurden.
Der Höhepunkt der Krankenhausaufnahmen in der ersten Welle war ca. eine Woche nach dem Höhepunkt der Neuinfektionen zu verzeichnen, in der zweiten Welle eher 2-3 Wochen danach, so wie es dem bis dato bekannten Verlauf der COVID-19-Erkrankung entspricht. In der dritten Welle waren weniger Krankenhausbehandlungen als in der zweiten Welle bei ähnlich hohen wöchentlichen Infektionszahlen zu verzeichnen.
Die Krankenhaussterblichkeit der COVID-19-Fälle lag bei 17,8% über den gesamten Zeitraum (2020 bis 1. Halbjahr 2021). 22,7% der COVID-19-Fälle wurden auf der Intensivstation behandelt und 16,4% wurden maschinell beatmet (Tab. 2). Diese Zahlen korrespondieren sehr gut mit verschiedenen national wie international beschriebenen Kohorten und bestätigen die hohe Validität der genutzten Routinedaten zur Surveillance in dieser Analyse.
Bei 69,4% aller COVID-19-Fälle führte die Erkrankung zu einem SARI, dessen Sterblichkeit mit 22,9% (Tab. 2) über der Sterblichkeit des nicht COVID-19-bedingten SARI lag (vgl. Tab. 4). SARI bei COVID-19-Verdachtsfällen war mit 22,9% der U07.2 Fälle eindeutig seltener als bei gesichertem COVID-19 und wies eine geringere Sterblichkeit von 15,2% auf (Tab. 2). Wir nehmen an, dass in der Gruppe der COVID-19-Verdachtsfälle neben einer geringen Anzahl falsch PCR negativer COVID-19-Fälle, vor allem andere SARI-Fälle zu finden waren.
Ganz augenscheinlich ist die Zahl der Neuinfektionen wie auch die Zahl der Krankenhausfälle wellenförmig über die Pandemiedauer verteilt (Abb. 1). Ebenso sind die resultierenden Intensiv- und Beatmungsfälle wellenförmig verteilt (Abb. 2).
Die erste Welle (2020) ist bis zur Kalenderwoche 22 abgeflacht und zwischen den KW 23 und 40 zeigt sich ein Intervall mit wenigen Infektionen und Krankenhausaufnahmen. Ab der Kalenderwoche 41 steigen die Zahlen der COVID-19-Neuinfektionen in Deutschland steil an, erreichen um den Jahreswechsel ein Maximum und fallen dann bis zur KW 8 des Jahres 2021 wieder ab – an diesem Zeitraum haben wir die zweite Welle festgemacht. Ab der KW 9/2021 steigen die Infektionszahlen wieder an, sodass wir hier den Beginn der dritten Welle festmacht haben. Während der Übergang der ersten zur zweiten Welle von einem Intervall mit nur geringen Zahlen gekennzeichnet ist, geht die zweite direkt in die dritte Welle über, sodass die Effekte an diesem Übergang sich aus der auslaufenden zweiten und der anfangenden dritten Welle ergeben. Die Krankenhaussterblichkeit, die Entwicklung eines SARI, die Inanspruchnahme der Intensivmedizin, und die Häufigkeit der Beatmung sind mit der jeweiligen Sterblichkeit in Tab. 3 gezeigt.
In Anbetracht der sehr unterschiedlichen Fallzahlen zwischen den Wellen ist die Wertung der Ergebnisse nicht einfach. Augenscheinlich hat in der zweiten Welle die Nutzung der Intensivmedizin als auch der Beatmungstherapie abgenommen, was aber nicht in einer Abnahme der Krankenhaussterblichkeit resultierte. Die Intensivzahlen und die Beatmungshäufigkeit stiegen dann in der dritten Welle wieder an. Auffällig ist die Abnahme der Krankenhausaufnahmen und der Krankenhaussterblichkeit in der dritten Welle, die im Wesentlichen auf das jüngere Lebensalter der COVID-19-Krankenhauspatienten zurückzuführen sein dürfte, was wir als Effekt der Impfung und Kontaktbeschränkung der älteren Risikopopulation interpretieren (Abb. 3).
Da wir bei der vorliegenden Analyse weder Medikationsdaten noch sonstige auf den Einzelfall bezogene Daten zur Verfügung hatten, können wir hierzu lediglich spekulieren. Wir hoffen, dass Registeranalysen patientenindividueller Datensätze bald weiteren Aufschluss geben werden.
Die geringere prozentuale Inanspruchnahme der Intensivmedizin und der Beatmung während der zweiten Welle ist nicht primär durch mangelnde Intensiv- oder Beatmungskapazitäten zu erklären, da im Vergleich der Jahre 2019-21 über den Jahresverlauf nicht mehr Intensiv- oder Beatmungsfälle auftraten (Abb. 4).
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Anteil der COVID-19-Fälle an allen Intensiv- und Beatmungsfällen in den letzten Wochen des Jahres 2020 und 2021 weiter relevant anstieg und die kritisch kranken COVID-19-Patienten, entsprechend der regionalen Organisationsabsprachen, nicht auf alle Krankenhäuser gleich verteilt waren. In einzelnen Krankenhäusern kann es also zu Überlastungen der Kapazität gekommen sein, auch wenn das in der Summe nicht der Fall war.
115.199 Fälle wurden mit der Verdachtsdiagnose einer COVID-19-Erkrankung behandelt, allerdings ohne dass ein Labornachweis der Infektion kodiert war (U07.2). Der zeitliche Verlauf der nachgewiesenen und der COVID-19-Verdachtsfälle ist in Abb. 5 dargestellt.
Wie schon in den ersten Analysen diskutiert, war der nach der ersten Welle hohe Anteil der U07.2 vermutlich der Vorsicht im Umgang mit Patienten mit typischen Symptomen, aber negativer PCR-Testung, und der daraus resultierenden Unsicherheit der Kodierung zuzuordnen. Der zeitliche Verlauf scheint diese Annahme zu bestätigen, da bei deutlich steigenden Infektionszahlen, die gesicherten COVID-19-Kodierungen anstiegen, ohne dass dies im selben Maße bei den Verdachtsfällen passierte. In den Wochen seit der letzten IQM Analyse kamen in den beteiligten Krankenhäusern mehr als doppelt so viele nachgewiesene COVID-19-Fälle wie Verdachtsfälle dazu – ganz offensichtlich ist die Einordnung von Verdachtsfällen in Anbetracht des häufigeren Umgangs mit den Ergebnissen der PCR und auch die Kodierung im Laufe der Pandemie sicherer geworden.
Die U07.2 Fälle weisen eine Sterblichkeit von 6,3% auf. Ganz offensichtlich handelte es sich bei diesen Patienten um eine andere Population als bei den nachgewiesenen COVID-19-Fällen.
Wie auch in den vorherigen Berichten, analysierten wir aus den Jahren 2019 – 21 alle Fälle, bei denen eine schwere infektiöse Atemwegserkrankung (SARI) vorlag (Abb. 6).
Die Sterblichkeit der SARI-, Intensiv- und Beatmungsfälle war schon im Jahr 2020 signifikant höher als 2019 und stieg im ersten Halbjahr 2021 weiter an. Das ist vermutlich auf den hohen Anteil der COVID-19-bedingten Fälle 2020 zurückzuführen. Die SARI-Fallzahl (Tab. 4) war in Summe für die ersten 26 Kalenderwochen 2019 höher als in derselben Zeit 2020 und 2021, worin auch die COVID-19-bedingten SARI-Fälle eingeschlossen waren. Ebenso blieben die Intensiv- und Beatmungsfälle in den Jahren 2020 und 2021 unter der Zahl im Vergleichszeitraum 2019.
Beim Jahresvergleich der SARI-Fälle muss berücksichtigt werden, dass die seit 2020 geltenden Abstands- und Hygieneregeln und die mehrwöchigen Lockdown Phasen in unterschiedlicher Ausprägung nicht nur die COVID-19-Ausbreitung, sondern eben auch die Ausbreitung anderer infektiöser Atemwegserkrankungen beeinflusst hat.
Der Anteil der COVID-19-Fälle an allen SARI-Fällen war während der ersten Welle bei maximal 30% in KW 16, sank über die Sommermonate den geringeren Infektionszahlen folgend ab, stieg aber ab der KW 38 wieder an und erreichte Anfang des Jahres 2021 mit 85% das bisherige Maximum (Abb. 7).
Effekte der Pandemie auf andere Krankenhausfälle
Wie schon in unseren Vorauswertungen berichtet, nahmen während der Phase des Lockdowns in der ersten Welle die Krankenhausbehandlungen um ca. 40% ab. Dies war im Wesentlichen durch die weitreichenden Regularien bedingt, die das elektive Behandlungsangebot für Patienten bundesweit einschränkten. Auch nach Beendigung des Lockdowns bewegten sich die Fallzahlen nur langsam wieder aufwärts, sodass am Ende des ersten Halbjahres 2020 16,2% weniger Fälle im Krankenhaus behandelt wurden als zur selben Zeit im Jahr davor. Bis zum Ende des Jahres 2020 blieb die Fallzahl gegenüber 2019 erniedrigt, sodass in den beteiligten Krankenhäusern für das Gesamtjahr 13,8% weniger Krankenhausfälle behandelt wurden als 2019. In den ersten 26 Kalenderwochen des Jahres 2021 blieb die Fallzahl knapp 20,1% hinter dem Vergleichszeitraum 2019 zurück (Tab. 1). Der zeitliche Verlauf der Krankenhausfälle ist in Abb. 8 dargestellt.
Die Sterblichkeit der Krankenhausfälle lag im Vergleichszeitraum des Jahres 2019 bei 2,4% und war in dieser Zeit 2020 mit 2,7% erhöht. 2021 ist die Sterblichkeit in dieser Zeit mit 3,1% signifikant erhöht. Wir nehmen an, dass die Verschiebung der Krankenhausfälle zu einer relativen Zunahme der schwereren Verläufe mit erhöhter Sterblichkeit geführt hat, da weniger schwer erkrankte Patienten seltener als sonst ins Krankenhaus gekommen sind.
Schlussfolgerungen
Routinedaten bieten eine exzellente Basis zur Überwachung des Pandemiegeschehens in unseren Krankenhäusern. Die zeitnahe, auf den Abrechnungsdaten basierende Überwachung der Krankenhausfälle, inklusive aller Intensiv- und Beatmungsfälle, ermöglicht gemeinsam mit den Zahlen zu den Infektionsraten eine umfassende Grundlage zur Steuerung der Pandemie.
Im gesamten Jahr 2020 wurden insgesamt 13,8% weniger Patienten im Krankenhaus behandelt als 2019. In den ersten 26 Kalenderwochen des Jahres 2021 blieb die Fallzahl 20,1% hinter dem Vergleichszeitraum 2019 zurück. Auch die Gesamtzahl der SARI-Fälle, Intensivfälle und Beatmungsfälle blieb im Untersuchungszeitraum unter den Zahlen aus 2019.
Die Krankenhaussterblichkeit von COVID-19 liegt bei 17,8%, wobei 69,4% der COVID-19-Fälle ein SARI entwickelten, dass mit einer deutlich höheren Sterblichkeit (22,8%) als das SARI anderer Ursache verbunden war.
Die Krankenhaussterblichkeit sowie auch die Sterblichkeit des SARI, der Intensiv- und Beatmungsfälle waren 2020 und 2021 im Vergleich zu 2019 erhöht. Neben dem direkten Effekt der hohen COVID-19-Sterblichkeit ist das auch Folge eines veränderten Spektrums der Krankenhausbehandlungen, sodass diese Effekte zeitnah weiter analysiert werden müssen.
Neue Publikation: SARS-CoV-2 Vergleich der Sterblichkeit, Häufigkeit der Intensivbehandlung und Beatmung zwischen den IQM Krankenhäusern in Deutschland und der Schweiz
17.10.2024
Die Publikation “Comparison of SARS-CoV-2 related in-hospital mortality, ICU admission and mechanical ventilation of 1.4 million patients in Germany and Switzerland, 2019 to 2022” wurde am 17.10.2024 im Journal Infection veröffentlicht. Die Arbeit basiert auf den von der IQM analysierten Routinedaten während der Covid-19 Pandemie und zeigt die Unterschiede der Patientencharakteristika, der Intensiv– und Beatmungstherapie und der Behandlungsergebnisse bei schweren akuten Lungenentzündungen mit und ohne COVID in Deutschland und der Schweiz auf.
In Deutschland wurden ältere und multimorbide Patienten behandelt, die häufiger intensivmedizinisch behandelt und maschinell beatmet wurden und eine höhere Krankenhaussterblichkeit im Vergleich zur Schweiz aufwiesen. Diese beobachteten Unterschiede blieben auch in einer sog. „Matched Pairs Analyse“ bestehen, in der aus der gesamten Datenmenge eine Stichprobe mit vergleichbarem Alter und Komorbiditäten gebildet wurde. Diese Analyse belegt, dass die beobachteten Behandlungs- und Ergebnisunterschiede nicht primär durch die ungleich verteilte Patientenpopulation, sondern vor allem durch unterschiedliche Strategien der Therapieintensität erklärbar ist. Es ist bemerkenswert, dass die geringere Nutzung von Intensiv- und Beatmungstherapie nicht mit einer höheren Krankenhaussterblichkeit einhergeht.
„Die Studie gibt uns einen sehr klaren Hinweis darauf, dass deutliche Unterschiede bei der Indikationsstellung zu Intensivtherapie und maschineller Beatmung bestehen, die nicht direkt mit den Behandlungsergebnissen korrelieren. Routinedatenanalysen sind exzellent geeignet, derlei Zusammenhänge datenbasiert und mit großer Fallzahl aufzuzeigen und so in die notwendige Diskussion kausaler Zusammenhänge und der möglichen Bedeutung für zukünftige Indikationsstellung einzusteigen.“ – Prof. Ralf Kuhlen, Chief Medical Officer Fresenius & Vorsitzender Wissenschaftlicher Beirat IQM.
„Im IQM Netzwerk lernen Schweizer Spitäler und deutsche Krankenhäuser voneinander. Im Austausch trifft man auf unterschiedliche Behandlungsansätze, die zu neuen Erkenntnissen auf beiden Seiten führen. Wenn beispielsweise bei der Planung und Ausgestaltung der letzten Lebensphase frei zwischen palliativer Therapie in gewohnter Umgebung – zu Hause oder in einer Pflegeeinrichtung – und der Behandlung im Spital entschieden werden darf, kann dies während Pandemien Spitäler entlasten und Kapazitäten für intensivmedizinische Behandlungen erhöhen.“ – Prof. Reto Schüpbach, Institutsdirektor am Institut für Intensivmedizin, Universitätsspital Zürich.
Tab. 1: Anzahl der teilnehmenden Krankenhäuser und deren Fallzahlen für das jeweils erste Halbjahr der aufgeführten Jahre aufgeteilt nach IQM Trägergruppe.
Abb. 1.: Anzahl der wöchentlichen Neuinfektionen (graue Fläche auf linker y-Achse) und der U07.1. Krankenhausfälle in den teilnehmenden IQM Krankenhäusern für den Untersuchungszeitraum 2020/21.
Tab. 2: Anzahl der Krankenhausfälle und der im Krankenhaus Verstorbenen für PCR gesicherte COVID-19-Fälle (U07.1) und COVID-19-Verdachtsfälle (U07.2). In beiden Kategorien sind die Fallzahlen und die Sterblichkeit für alle Fälle, Fälle mit SARI, Fälle mit Intensivbehandlung (INT) und Fälle mit Beatmung angegeben.
Abb. 2: Anzahl der wöchentlichen COVID-19-Krankenhausfälle (blaue Fläche auf linker y-Achse), der Intensiv- (INT) und Beatmungsfälle (Beatmung), sowie der an COVID-19 verstorbenen Patienten (verstorben) für den Untersuchungszeitraum 2020 - 2021. Die Werte aller Linien beziehen sich auf die rechte y-Achse.
Tab. 3: Anzahl der Krankenhausfälle und der im Krankenhaus Verstorbenen für PCR gesicherte COVID-19-Fälle (U07.1) während unterschiedlicher Zeiträume. Für alle Zeiträume sind die Fallzahlen und die Sterblichkeit für alle Fälle, Fälle mit SARI, Fälle mit Intensivbehandlung (INT) und Fälle mit Beatmung angegeben.
Abb. 3: Oberes Panel: Anzahl der COVID-19-Krankenhausfälle zu den verschiedenen Phasen der Pandemie, gruppiert nach den in der Legende angegebenen Altersgruppen in Lebensjahren. Unteres Panel: Krankenhaussterblichkeit während der verschiedenen Pandemiephasen in den verschiedenen Altersgruppen.
Abb. 4: Wöchentlicher Verlauf aller Intensivfälle (INT) sowie der COVID-19-bedingten Intensivfälle (U07.1 INT; oberes Panel) und der Beatmungsfälle (Beatmung), sowie der COVID-19-bedingten Beatmungsfälle (U07.1 Beatmung; unteres Panel) für die Jahre 2019 - 21.
Abb. 5: Anzahl der nachgewiesenen COVID-19-Krankenhausfälle (U07.1) und der COVID-19-Verdachtsfälle (U07.2) in den teilnehmenden IQM Krankenhäusern während des Untersuchungszeitraums 2020/21.
Abb. 6: Wöchentlicher Verlauf der SARI-Fälle für die Jahre 2019 - 21. SARI ist definiert als ICD Kodes J09 – J22.
Tab. 4.: Anzahl aller Fälle mit SARI, mit Intensivbehandlung (INT) und mit Beatmung für die Jahre 2019 – 21 (jeweils 1. Halbjahr). In Klammern ist der %-Anteil an allen Krankenhausfällen dargestellt. Die Differenz beider Jahre ist ebenfalls angegeben; hier ist in Klammern der %-Unterschied zum Bezugsjahr dargestellt. Die Verstorbenen sind für alle Kategorien angegeben, wobei in Klammern die %-Sterblichkeit angegeben ist. Die Gesamtfallzahlen unterscheiden sich leicht von Tab. 1 weil dort tagesgenau auf das erste Halbjahr abgegrenzt wurde, während in Tab. 4 die ersten 26 Kalenderwochen ausgewertet wurden.
Abb. 7: Wöchentlicher Verlauf der SARI-Fälle, der COVID-19-bedingten SARI-Fälle (SARI U07.1) und des sich daraus ergebenden %-Anteils (rechte y-Achse) für den Untersuchungszeitraum 2020 - 21. SARI ist definiert als ICD Kodes J09 – J22.
Abb. 8.: Wöchentlicher Verlauf aller Krankenhausfälle für den Untersuchungszeitraum der Jahre 2019 - 21.
Monatliche Analyse: Januar 2020 bis Mai 2021
Monatliche Analyse: Januar 2020 bis März 2021
Monatliche Analyse: Januar bis November 2020
Monatliche Analyse: Januar bis Oktober 2020
COVID-19-Leistungsgeschehen bei 310 IQM Mitgliedskrankenhäusern
Informationen & Links
Hier finden Sie u. a. Informationen zu COVID-19 Fallzahlen sowie Beiträge und Forschungsprojekte zum Thema.
Stellungnahme zu der missbräuchlichen Verwendung der Analysen der Effekte der SARS-CoV-2 Pandemie auf die stationäre Versorgung 2020
IQM distanziert sich von Behauptung: „Die Analysen zum Leistungsgeschehen in den IQM Mitgliedskrankenhäusern widerlegen eine COVID-19-Pandemie von nationaler Tragweite“
Bereits seit Ende des ersten Lockdowns veröffentlicht die Initiative Qualitätsmedizin e.V. Analysen zu den Effekten der SARS-CoV-2 Pandemie auf die stationäre Versorgung in den Mitgliedskrankenhäusern unter Einbezug der §21 Routinedaten.
„Mit der Auswertung der Routinedaten und der Veröffentlichung der Ergebnisse beteiligt sich IQM an der Förderung von Transparenz. Die Analysen zeigen, dass Routinedaten einen relevanten Beitrag zum Monitoring des Fallzahlverlaufs und Leistungsgeschehens in den Krankenhäusern leisten können.
IQM distanziert sich ausdrücklich davon, dass diese Analysen genutzt werden, falsche Behauptungen zur COVID-19-Pandemie zu untermauern und die Relevanz sowie die Auswirkungen von COVID-19 zu verharmlosen.
Die Analysen dienen ausschließlich der transparenten Datenaufbereitung und Unterstützung unserer Mitgliedskrankenhäuser während der Pandemie. Sie dienen ausdrücklich nicht der Verleugnung des zunehmenden Infektionsgeschehens von Covid-19.“
Dr. Francesco De Meo, Präsident des Vorstandes IQM, 16.02.2021
Faktencheck der Rechercheplattform Correctiv
Krankenhausdaten: Nein, es werden nicht zwei Drittel der Corona-Toten ohne Virusnachweis gemeldet
Faktencheck des BR
Corona auf Intensivstationen: Wenn Zahlen nicht alles verraten
Krankenhaus-Zahlen: Sind die Jahre 2020 und 2019 vergleichbar?
Werden Corona-Intensivpatienten immer jünger?